CDU Stadtverband Bocholt

CDU Bocholt unterstützt Bocholter Erklärung

Die CDU-Fraktion steht unverändert zu den Aussagen der Bocholter Erklärung. Da die Bürgerinitiative die erforderliche Anzahl an Unterschriften bei der Stadtverwaltung eingereicht hat, gehen wir davon aus, dass es zu einem Bürgerentscheid kommen wird. 

Flucht- und Migrationsbewegungen haben weltweit ein beispielloses Ausmaß angenommen.
Es bringt in vielen Ländern große Belastungen für den jeweiligen Staat und seine Bevölkerung
mit sich. Gleichzeitig führt es zu deutlichen Veränderungen innerhalb der Gesellschaft und
verunsichert viele Menschen. Diese Verunsicherungen nehmen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Bocholter Erklärung sehr ernst.


Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe in der Europastadt Bocholt Zusammenleben zu
organisieren, Ausgrenzung zu verhindern und Integration zu ermöglichen. In den vergangenen
Jahrzehnten ist dies Bocholt gelungen. An diese Tradition wollen und müssen wir anknüpfen.
Integration ist in vielfältiger Weise bereichernd, Ausgrenzung schafft hingegen Konflikte: Wir werden handlungsfähig, wenn wir den Fokus auf die Möglichkeiten und die Chancen von Zu-
wanderung setzen und gemeinsam Lösungen finden.

1. Wer entscheidet über die Zahl der Flüchtlinge, die Bocholt versorgen muss?

Bocholt entscheidet nicht, ob und wie viele Flüchtlinge aufzunehmen sind. Die Gesetzeslage
ist klar: Die Zahl der Flüchtlinge wird für Bocholt von der Bezirksregierung anteilig zugewiesen.
Die Stadt trägt die gesetzlich verankerte Verantwortung, diesen Menschen, Unterkunft und
Verpflegung zur Verfügung zu stellen und Integration zu ermöglichen, was den Besuch von
Kitas und Schulen einschließt. Wir begreifen es als Chance für unsere Stadt, mit Geflüchteten
gemeinsam eine (Lebens-)Perspektive zu entwickeln.


2. Welche Unterkünfte hält Bocholt zurzeit für Flüchtlinge vor?

Bocholt hält derzeit rund 70 Unterkünfte vor, mit dem ehemaligen „Yupidu“ (Übergangs-
einrichtung Werther Straße), den mobilen Einheiten auf dem Gelände des ehemaligen SC 26 die beiden Größten. Neben vielen dezentralen Unterbringungsmöglichkeiten, die über das
Stadtgebiet verteilt sind, kommen Erstunterbringungen in Turnhallen (u.a. seit Anfang 2023 Turnhalle Overbergschule). Für die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner ist letztere die denkbar schlechteste Form der Unterkunft – nicht nur weil die Lebens- und Aufenthaltsqualitäten für die dort untergebrachten Menschen äußerst schwierig sind, sondern weil solche Turnhallen anderen Zwecken dienen sollen (vom Schul- bis zum Vereinssport). Die aktuellen Prognosen stellen für die nächste Zukunft in Aussicht, dass von der Stadt
Bocholt noch weitere 500 Plätze bereitgestellt werden müssen. In dieser Zahl sind erhöhte
Fluchtbewegungen aus der Ukraine, z.B. wegen der Sprengung des Kachowka-Staudamms,
nicht eingerechnet.

3. Wie kann Integration gelingen?

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Integration möglich ist. Den „Flüchtling“ gibt es nicht, dafür sind die (früheren und aktuellen) Lebenslagen dieser
Menschen zu verschieden. Entsprechend kommt es bei der Aufnahme und Versorgung sowie bei Maßnahmen zur Förderung gesellschaftlicher Teilhabe darauf an, wie gut sie zu den indivi-
duellen Lebenslagen passen. Insbesondere der Zugang zu Wohnraum, Sprache, Bildung und Arbeit, so zeigen es viele wis senschaftliche Studien, macht Integration möglich und vermeidet Konflikte. Die Studien weisen darauf hin, dass gerade eine dezentrale Unterbringung in der Mitte der Stadtgesellschaft mit Zugang zu Versorgungsmöglichkeiten für beide Seiten – die Stadt und die geflüchteten Menschen – deutlich weniger konfliktbelastet ist. Bisher hat Innenstadtnähe oder die Integration in Wohnquartiere in Bocholt in keiner Weise zu Problemen geführt.

4. Was soll „Auf dem Takenkamp“ entstehen?

Die Bocholter Politik hat auf Vorschlag der Verwaltung nach gründlicher Abwägung beschlossen, am „Auf dem Takenkamp“ eine befristete (bis 2027) Siedlung mit kleinen überschaubaren mobilen Einheiten zu erstellen. Anschließend soll dort eine Bebauung mit Wohnungen entstehen. Die Planungen für diese werden bei der Anlage der Siedlung für Flüchtlinge bereits berücksichtigt. Dieser Entschluss ist den Bürgerinnen und Bürgern in zwei Info-Veranstaltungen aufgezeigt worden.

5. Was würden Flüchtlingsunterkünfte weit draußen vor der Tür bedeuten?

Wenn wir die Flüchtlinge räumlich ausgrenzen, indem eine konzentrierende Sammelunterkunft weit außerhalb des Stadtzentrums errichtet wird, werden wir die Folgen der Ausgrenzung deutlich spüren. Nur ein Miteinander, eine Integration der Menschen, die bei uns Hilfe suchen, wird langfristig zum Erfolg führen. Dazu braucht es eine offene und positive Haltung diesen Menschen gegenüber.

6. Was passiert, wenn die Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung aufgrund des
Bürgerentscheides zurückgenommen wird?

Die Aufgabe der Stadt Bocholt, die zugewiesenen Flüchtlinge unterzubringen, zu versorgen
und zu integrieren, bleibt bestehen. Wenn in Stadtteilen Unterkünfte nach dem „St. Florians-Erklärungprinzip“ verhindert werden, hat das zur Konsequenz, dass die zugewiesenen Flüchtlinge in vorhandenen, städtischen Gebäuden verteilt werden müssen. Das sind erfahrungsgemäß zunächst die städtischen Turnhallen und damit trifft es unsere Kinder und Jugendlichen, sowie alle sporttreibenden Mitbürger und Mitbürgerinnen.


7. Was braucht es noch für die Flüchtlinge?

Neben der Stadtverwaltung, dem Arbeitskreis Asyl, der VHS, der EWIBO, den mit Quartiersar-
beit betrauten Organisationen, den Kirchen, den Sportvereinen und anderen Vereinen und Organisationen, die präsent sind und seit Jahren die Integration der Geflüchteten unterstützen gibt es viele weitere ehrenamtliche Helferinnen und Helfer – alle koordiniert von der Stadtverwaltung. Sie alle arbeiten in unterschiedlichen Feldern. Die wichtigsten sind:

  • Sprache: Ohne Sprachkurse keine Integration! Hier sind enorme Anstrengungen in den letzten Jahren unternommen worden, doch wir werden mehr Angebote brauchen.
  • Bildung: Kindergärten und Schulen brauchen zusätzliche Kräfte, um nicht nur die Sprachbarrieren schnell abzubauen, sondern nötige Betreuung und Integrationsleistungen sicherzustellen. Zudem brauchen qualifizierte Erwachsene Unterstützung zum Erlangen der Anerkennung ihrer Abschlüsse aus ihren Herkunftsländern, eventuell Weiter- und Ausbildungsangebote. Um einen schnellen Zugang zu Arbeit zu schaffen, ist Hilfe bei der Suche nach Arbeit wichtig. Es darf keine Arbeitsverbote geben.
  • Quartiersarbeit: Eine gelungene Quartiersarbeit ist der Schlüssel für gelingende Integration. Niederschwellige Angebote für alle Menschen im Quartier fördern das Miteinander.
  • Arbeit: Integration gelingt, wenn Menschen Arbeit finden, dies belegen Untersuchungen (Bundesministerien, UNO, etc.). Bocholt braucht Arbeitskräfte, daher ist Integration eine Zukunftschance für unsere Stadt.

„Die Unterzeichner stellen sich klar gegen den Bürgerentscheid zur Verhinde-
rung einer Flüchtlingsunterkunft „Auf dem Takenkamp“ und bitten die Bocholter Stadtgesellschaft, das Bürgerbegehren abzulehnen und keine Unterschrift zu leisten.“

Krisen begegnet man mit der Stärkung der eigenen Resilienz, sowie der Stärkung einzelner
Gruppen innerhalb einer Stadt. Der Fokus sollte daher darauf liegen, gemeinsame Ideen und
Möglichkeiten zu kreieren, um unsere eigene Widerstandsfähigkeit und positive Energie zu
nutzen. Wir wünschen allen Menschen den Mut, lösungsorientiert und mit einem klaren
Plan, die kommenden Aufgaben anzugehen.

 

gez. 

Gisbert Bresser
[Fraktionsvorsitzender im Rat der Stadt Bocholt]

Lukas J. Kwiatkowski
[Vorsitzender der CDU Bocholt]